Zitate zum Nachdenken: Gib nie auf!

Zitate zum Nachdenken

aus „Erziehung ist Liebe“ von Shinichi Suzuki

KEIN TALENT IST ZU GERING FÜR EINEN VERSUCH

Ich glaube, daß viele junge Menschen, die an ihrem Talent zweifeln, Selbstmordgedanken hegen. Aber anstatt ein trauriges Leben ohne Hoffnung zu führen, sollten sie anfangen sich zu sagen: ‚Talent ist nicht angeboren, es muß erschaffen werden.‘ Hat man sich das einmal klargemacht, kann man wieder Auftrieb bekommen und den Weg von Härte und Mühsal sogar voller Hoffnung beschreiten. Richtiges Bemühen ist immer nützlich, wenn man sich nur bewußt ist, daß es richtig ist.

Als ich Japan verließ, hatte ich keineswegs die Absicht, ausübender Künstler zu werden. Von der Musik bezaubert, wollte ich das Ge­heimnis dieser von Menschen ersonnenen Kunst ergründen. Was ist Kunst? Das genau wollte ich wissen. Von meinen mangelnden Fähigkeiten als ausübender Musiker entmutigt und enttäuscht, wurde mein verletzter Stolz mir zum Ansporn bei der Suche nach dem Geheimnis der Kunst. So wurde ich von meiner Verzweiflung befreit. Wenn ich auch kein Talent besaß und meine Fortschritte sehr beschei­den waren, war ich doch entschlossen, mich zu meinem Ziel, ein vollen­deter, ausgeglichener Mensch zu werden, Schritt für Schritt vorwärts-zuplagen. Ich eilte nicht, ruhte aber auch nicht und bemühte mich unaufhörlich, und daraus schöpfte ich nicht nur meine ‚Gemütsruhe, sondern auch meinen Lebensinhalt.

ICH LERNTE, WIE TÖRICHT ES IST,
DEN MANGEL AN FÄHIGKEITEN ZU BEDAUERN

Meine Hingabe zur Kunst half mir bei der Entwicklung und Ausbildung meine/ Fähigkeiten. ‚Ich habe kein Talent‘; wieviel Traurigkeit und Verzweiflung werden nicht durch diese törichte Überzeugung verursacht. Lange genug sind die Menschen dieser falschen Denkweise erlegen, die in Wahrheit nur eine Entschuldigung dafür ist, der Arbeit auszuweichen. Nach einem langen Studium sah ich endlich ein, daß der Mensch das Erzeugnis seiner Umgebung ist. Hätte ich eher erkannt.daß Fähigkeit durch Übung entwickelt werden kann, so hätte ich schon viel früher den richtigen Weg eingeschlagen.

Jedes Kind kann erzogen werden; es ist nur eine Frage der Erzie­hungsmethode. Jedermann kann sich selbst ausbilden; er muß lediglich die wirkungsvollste Methode kennen.

DIE HINGABE AN DEN GEDANKEN,
KEIN TALENT ZU HABEN UND
ALLE ANSTRENGUNGEN AUFZUGEBEN,
IST FEIGHEIT

Dürftige Ausbildung erzeugt dürftige Fähigkeiten. Auch wenn es einem schwerfällt, sollte man alle Anstrengungen auf sich nehmen, um die besten Fähigkeiten zu erwerben und weiterzuentwickeln. Das möchte ich meinen Lesern ins Bewußtsein einprägen.

Was aber ist denn die richtige und wahre Anstrengung? Ich werde später darüber sprechen. Hier möchte ich nur an eins erinnern – die Wiederholung. Hat man etwas erlernt, so erwirbt man erst durch die immerwährende Wiederholung eine umfassende Meisterschaft.

Die Wissenschaft gibt nicht vor, Erklärungen für etwas zu haben, was sie nicht versteht. Deshalb sollten Menschen, die einige Kenntnisse in der Wissenschaft haben, Äußerungen über die menschliche Fähig­keit wie ‚angeborenes Talent‘ unterlassen. Was weiß die Wissenschaft denn wirklich über die Möglichkeiten des Menschen zum Zeitpunkt seiner Geburt? Vorurteile über die Talenterziehung müssen in der Tat beiseite gelassen werden, die Erörterung, ob jemand Talent hat oder nicht, ist völlig nutzlos. Geben wir doch solche Gedanken auf und benutzen wir unsere eigene Kraft, um Talent zu schaffen.

TATSÄCHLICH:
UNBEHOLFENHEIT IST
DAS ERGEBNIS SCHLECHTER AUSBILDUNG

Eines Tages, während meiner Zeit als Lehrer an der Kaiserlichen Musikschule, sagte eine Studentin zu mir: ‚Herr Professor, ich bin so unbeholfen, und meine Finger wollen sich einfach nicht schnell genug bewegen.‘  ‚Unbeholfen? Wer hat das behauptet?‘ fragte ich. Und dann schloß sich der folgende Dialog an: ‚Ich.‘ ‚Dann hast du dich selbst falsch beurteilt. Du begehst einen Fehler, wenn du dich selbst unbeholfen nennst. Das ist genauso, als ob du auf die Bremsen eines Autos trittst und dich dann beschwerst, daß es nicht anständig fährt.‘  ‚Aber meine Finger bewegen sich wirklich nicht schnell genug.‘  ‚Hast du dich verletzt oder hast du dir wehgetan?‘  ‚Nein.‘   ‚Nun, dann lege einmal deine linke Hand auf den Tisch. Gut, nun probiere mit mir den ersten Finger aus, als wenn wir Klavier spielten. Wessen Finger bewegt sich jetzt schneller?… Da sieh! Bewegt er sich nicht schnell? Also merkst du, daß mit deinen Fingern alles in Ordnung ist? Nur arbeiten Kopf und Finger nicht gut zusammen, das ist alles. Und wenn sie das nicht tun, kommt beim Üben nichts heraus. In der Tat kann man sagen, ist die Art, wie du geübt hast, sehr dürftig gewesen.‘  ‚Was kann ich denn tun?‘   ‚Als ich in deinem Alter war, übte ich auch hartnäckig fehlerhaft und schlecht, und niemand hat mich korrigiert. Versuche jetzt folgendes: von heute an setzt du deine Finger langsam und sorgfältig in die Stellung, die du schnell erreichen willst. Wiederhole das drei Tage lang immer wieder. Am vierten Tag versuchst du es etwas schneller, und das auch zwei Tage lang. Am sechsten Tag sollte es dir ohne Schwierigkeiten schnell gelingen.‘

Sie übte nun, wie ich es ihr geraten hatte, und in der nächsten Stunde bewegten sich ihre Finger mit der gewünschten Schnelligkeit und Akkuratesse; sie ließ auch keine Klagen mehr hören.

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